1. Einleitung
Word! Kein Wort drückt mehr Zustimmung in der Rapszene aus: Wer authentisch und überzeugend seine Skills, seine verbalen Fähigkeiten am Mikrofon vor Publikum zur Schau stellt oder besser gesagt zu hören gibt, dem gebührt großer Respekt in Form einer kleinen Interjektion. Und beim Rappen geht es im Grunde um nichts anderes als um Word, genauer gesagt: um das gesprochene Wort und dessen Macht.
Geht man dem Begriff des Rapping auf den Grund, dann stößt man in einem 1972 erschienenen Aufsatz über die Sprache in den USA lebender Afro-Amerikaner, als Rap als Solcher noch gar nicht existierte, auf folgende Definition: „,Rapping,‘ while used synonymously to mean ordinary conversation, is distinctively a fluent and lively way of talking which is always characterized by a high degree of personal style.“1 Wenige Jahre später wird dieser fließende, lebhafte Redestil mit persönlichem Charakter, der vor allem für afro-amerikanische Jugendliche charakteristisch ist, von Musik, den sogenannten Beats begleitet und alsbald auf den Namen Rap getauft. Und etwa ein Jahrzehnt später rappen auch die Jugendlichen in Deutschland und weltweit, begeistert von dieser „schwarzen Dichtkunst“, die doch eher weniger mit der in der Schule durchexerzierten Dichtkunst zu tun hat.
Wie kommt dieser Erfolg zustande? „fluent“, „lively“, „personal style“: Das klingt spannender als so manch abgedrucktes, nicht fassbares lyrisches Ich, Daktylus, Alexandriner etc. „Elaborierter Code ist tabu. [...] Rap ist inszeniertes alltägliches Sprechen.“2 Diese zu obiger Definition ähnliche These von Gabriele Klein und Malte Friedrich trifft auf den ersten Blick vielleicht zu, ist bei genauerem Hinhören jedoch zu kurz gegriffen: Denn wer unterhält sich schon im Alltag in viersilbigen, komplex verschachtelten und verrätselten Reimen mit etwa sieben Silben pro Sekunde? Dendemann von Eins Zwo jedenfalls nicht, auch wenn seine wie gerade beschrieben gestalteten Lieder – legt man oben genannte These zugrunde – es vermuten lassen würden. Solche Reime sind ohne Hilfsmittel wie Stift und Papier bzw. heutzutage Schreiben am Computer, also Schriftlichkeit sowie literales Denken nicht vorzustellen. Analog dazu sind die raptypischen Beats, auf die „gesprochen“ wird, ohne Technologie nicht herzustellen. Und ohne die Technologie, insbesondere die Tonträgertechnologie, käme diese Arbeit gar nicht zustande, da das Untersuchungsmaterial gar nicht existieren würde, bzw. die MCs (Master of Ceremony) in der New Yorker Bronx wahrscheinlich noch immer unbemerkt vom Rest der Welt auf familiären Parties, sogenannten Jams, rappen würden und sicherlich auch über andere Themen und in anderer Form als der Rap, der heutzutage präsentiert wird.
Um all diese Zusammenhänge dreht sich diese Arbeit; drehen deswegen, weil sie aus möglichst vielen verschiedenen Perspektiven Rap im Spannungsfeld von Mündlichkeit, Schriftlichkeit und Technologie beleuchtet. Fixpunkt hierfür bildet, nachdem der Forschungsstand erläutert wird, die Unterscheidung zwischen primärer, sekundärer Oralität und Literalität sowie zwischen Mündlichkeit und Schriftlichkeit. Erstere bezieht sich eher, aber nicht nur, auf Kultur und Denken im historischen Kontext, letztere orientiert sich sprachwissenschaftlich an der konkreten sprachlichen Ausdrucksform.
Daraufhin wird unter Berücksichtigung technologischer Entwicklungen die Geschichte von Rap erzählt, der nur einen Teil des oft synonym verwendeten HipHop darstellt. Das konkrete Analysematerial, ausgewählte deutschsprachige Raplieder, die mutmaßlich zwischen den Polen von Mündlichkeit und Schriftlichkeit schwingen, wird anschließend vorgestellt; die nachfolgenden Untersuchungen beziehen sich jedoch immer auch auf das Gesamtphänomen des Rap. Die Betrachtungen werden nicht nur sprachwissenschaftliche, sondern auch kultur- und musikwissenschaftliche sowie technikgeschichtliche Aspekte behandeln; auch die afro-amerikanische, stark oral verwurzelte Geschichte soll hierbei, wenn möglich, immer wieder ins Gedächtnis gerufen werden.
Zusammenfassend soll die These von Rap als inszenierter Alltagssprache geprüft und hinterfragt sowie versucht werden, soweit dies möglich sein wird, Rap im Spannungsfeld Zwischen Mündlichkeit, Literalität und Technologie zu verorten. Abschließend soll ein Ausblick zeigen, welche weiteren wissenschaftlichen Ansätze und Untersuchungsgebiete, die hier nicht behandelt werden, Rap noch bieten würde.
Word! Kein Wort drückt mehr Zustimmung in der Rapszene aus: Wer authentisch und überzeugend seine Skills, seine verbalen Fähigkeiten am Mikrofon vor Publikum zur Schau stellt oder besser gesagt zu hören gibt, dem gebührt großer Respekt in Form einer kleinen Interjektion. Und beim Rappen geht es im Grunde um nichts anderes als um Word, genauer gesagt: um das gesprochene Wort und dessen Macht.
Geht man dem Begriff des Rapping auf den Grund, dann stößt man in einem 1972 erschienenen Aufsatz über die Sprache in den USA lebender Afro-Amerikaner, als Rap als Solcher noch gar nicht existierte, auf folgende Definition: „,Rapping,‘ while used synonymously to mean ordinary conversation, is distinctively a fluent and lively way of talking which is always characterized by a high degree of personal style.“1 Wenige Jahre später wird dieser fließende, lebhafte Redestil mit persönlichem Charakter, der vor allem für afro-amerikanische Jugendliche charakteristisch ist, von Musik, den sogenannten Beats begleitet und alsbald auf den Namen Rap getauft. Und etwa ein Jahrzehnt später rappen auch die Jugendlichen in Deutschland und weltweit, begeistert von dieser „schwarzen Dichtkunst“, die doch eher weniger mit der in der Schule durchexerzierten Dichtkunst zu tun hat.
Wie kommt dieser Erfolg zustande? „fluent“, „lively“, „personal style“: Das klingt spannender als so manch abgedrucktes, nicht fassbares lyrisches Ich, Daktylus, Alexandriner etc. „Elaborierter Code ist tabu. [...] Rap ist inszeniertes alltägliches Sprechen.“2 Diese zu obiger Definition ähnliche These von Gabriele Klein und Malte Friedrich trifft auf den ersten Blick vielleicht zu, ist bei genauerem Hinhören jedoch zu kurz gegriffen: Denn wer unterhält sich schon im Alltag in viersilbigen, komplex verschachtelten und verrätselten Reimen mit etwa sieben Silben pro Sekunde? Dendemann von Eins Zwo jedenfalls nicht, auch wenn seine wie gerade beschrieben gestalteten Lieder – legt man oben genannte These zugrunde – es vermuten lassen würden. Solche Reime sind ohne Hilfsmittel wie Stift und Papier bzw. heutzutage Schreiben am Computer, also Schriftlichkeit sowie literales Denken nicht vorzustellen. Analog dazu sind die raptypischen Beats, auf die „gesprochen“ wird, ohne Technologie nicht herzustellen. Und ohne die Technologie, insbesondere die Tonträgertechnologie, käme diese Arbeit gar nicht zustande, da das Untersuchungsmaterial gar nicht existieren würde, bzw. die MCs (Master of Ceremony) in der New Yorker Bronx wahrscheinlich noch immer unbemerkt vom Rest der Welt auf familiären Parties, sogenannten Jams, rappen würden und sicherlich auch über andere Themen und in anderer Form als der Rap, der heutzutage präsentiert wird.
Um all diese Zusammenhänge dreht sich diese Arbeit; drehen deswegen, weil sie aus möglichst vielen verschiedenen Perspektiven Rap im Spannungsfeld von Mündlichkeit, Schriftlichkeit und Technologie beleuchtet. Fixpunkt hierfür bildet, nachdem der Forschungsstand erläutert wird, die Unterscheidung zwischen primärer, sekundärer Oralität und Literalität sowie zwischen Mündlichkeit und Schriftlichkeit. Erstere bezieht sich eher, aber nicht nur, auf Kultur und Denken im historischen Kontext, letztere orientiert sich sprachwissenschaftlich an der konkreten sprachlichen Ausdrucksform.
Daraufhin wird unter Berücksichtigung technologischer Entwicklungen die Geschichte von Rap erzählt, der nur einen Teil des oft synonym verwendeten HipHop darstellt. Das konkrete Analysematerial, ausgewählte deutschsprachige Raplieder, die mutmaßlich zwischen den Polen von Mündlichkeit und Schriftlichkeit schwingen, wird anschließend vorgestellt; die nachfolgenden Untersuchungen beziehen sich jedoch immer auch auf das Gesamtphänomen des Rap. Die Betrachtungen werden nicht nur sprachwissenschaftliche, sondern auch kultur- und musikwissenschaftliche sowie technikgeschichtliche Aspekte behandeln; auch die afro-amerikanische, stark oral verwurzelte Geschichte soll hierbei, wenn möglich, immer wieder ins Gedächtnis gerufen werden.
Zusammenfassend soll die These von Rap als inszenierter Alltagssprache geprüft und hinterfragt sowie versucht werden, soweit dies möglich sein wird, Rap im Spannungsfeld Zwischen Mündlichkeit, Literalität und Technologie zu verorten. Abschließend soll ein Ausblick zeigen, welche weiteren wissenschaftlichen Ansätze und Untersuchungsgebiete, die hier nicht behandelt werden, Rap noch bieten würde.
( Markus Heide )
www.ChordsAZ.com