Song: Theoretische Grundlagen 1/3
Viewed: 64 - Published at: 2 years ago
Artist: Markus Heide
Year: 2013Viewed: 64 - Published at: 2 years ago
2. Theoretische Grundlagen
2.1. Forschungsstand und Literatur
HipHop mit seiner Entstehungszeit in den 70er Jahren des vergangenen Jahrhunderts ist ein an sich noch recht junges Phänomen und wurde vorerst kaum von Medien und Wissenschaft wahrgenommen: Zum einen fand HipHop zunächst unbemerkt im Untergrund statt, zum anderen sieht sich die HipHop-Kultur als so traditionsbewusst an, dass sie es vorzieht, sich selbst offenkundig zu tradieren:
"Wie kein zweites musikalisches und literarisches Genre hat HipHop seine Geschichtsschreibung selbst übernommen und auf Schallplatte gepresst. Es sind die Rapper, die in ihren Texten immer wieder auf die Geschichte und aktuelle Entwicklungen der Szene Bezug nehmen, es sind die DJs, die mit ihren Scratches und Sprachsamples die Verknüpfungen innerhalb der Szene hörbar machen."3
Erst ab Mitte der 1980er Jahren, als HipHop allmählich popkulturelle Ausmaße annahm, wurden Bücher zum Thema geschrieben, jedoch mit schwankender Qualität und häufig aus zu subjektiver Warte.4 Als „der erste und bis heute wichtigste Biograph der HipHop- Kultur“5 gilt der englische Musikkritiker und -autor David Toop mit seinem 1984 erstmals erschienenen Werk Rap Attack, welches 1992 und 2000 aktualisiert wurde. Toop bietet eine umfassende Geschichte von den Vorläufern und Ursprüngen des HipHop in New York bis zum Gangsta-Rap der Westküste und lässt dabei auch bedeutende Rapper und DJs selbst zu Wort kommen.6
Neben Toop haben sich mittlerweile unzählige andere Autoren zur Geschichtsschreibung hinzugesellt; an dieser Stelle seien einige bedeutende Werke mit verschiedenen Perspektiven explizit genannt, die neben weiteren Aufsätzen und Büchern in dieser Arbeit herangezogen werden: In Black Noise behandelt die US-amerikanische Universitätsprofessorin Tricia Rose vor allem afro-amerikanische Aspekte des HipHop und verweist auf die oralen Ursprünge von Rap; in einem gesonderten Kapitel betrachtet sie HipHop aus feministischer Sicht.7 Eine detaillierte Technik- und Musikgeschichte des HipHop erzählt der deutsche Journalist und Buchautor Ulf Poschardt in DJ Culture, auch orale Aspekte des Rap werden hierin beleuchtet.8 Mtume Salaam widmet sich in seinem Aufsatz Rap as Art den sprachlich-stilistischen Eigenheiten und Entwicklungen des Rap,9 Greg Dimitriadis, Professor der Soziologie in New York, bezieht diese Veränderungen auf technologisch-kommerzielle Entwicklungen und Umstände.10
Die Linguistik-Professoren Arno Scholz und Jannis Androutsopoulos analysieren in zwei Studien die Aneignung von Rap in Europa.11 In Fear of a Kanak Planet beleuchten Hannes Loh und Murat Güngor die HipHop-Aneignung von Migranten in Deutschland und gehen rechtsradikalen Tendenzen im deutschsprachigen Rap nach.12
Die deutsche HipHop-Geschichte, die mit etwa zehn Jahren Verzögerung begann, ist weniger detailliert beschrieben als ihr US-amerikanischer Vorgänger: Eine erste Bestandsaufnahme lieferte 1993 Günther Jacob in Agit-Pop.13 Das bekannteste und ausführlichste Werk stellt 25 Jahre HipHop von Sascha Verlan und Hannes Loh dar, in dem neben geschichtlichen auch viele kulturellen Aspekte abgehandelt werden.14 Jedoch sind die Arbeiten von Hannes Loh mit Bedacht zu lesen, da er als Mitbegründer von Advanced Chemistry, einer der ersten deutschsprachigen Rap-Bands, die jedoch nie an den Erfolg von Die Fantastischen Vier anknüpfen konnte, eine häufig zu bemerkende, voreingenommene Haltung vertritt. Diese Gefahr lassen die beiden Autoren und aktiven HipHop-Mitglieder Sebastian Krekow und Jens Steiner gar nicht erst aufkommen: Sie überlassen die subjektiven Eindrücke verschiedenen Repräsentanten der deutschen HipHop-Szene, die sie in ihrem Sammelband Bei uns geht einiges aus eigener Erfahrung sprechen lassen.15 Ergänzend wird auch eine englischsprachige Abhandlung des deutschen Rap von Mark Pennay einfließen, der auch als Schriftleiter des Deutschen Sprachatlas bekannt ist.16 Erwähnt sei auch noch Is this Real? von Gabriele Klein und Malte Friedrich, die Rap aus kulturwissenschaftlicher Perspektive betrachten.17
Zu den musikalischen Grundlagen werden für diese Arbeit hauptsächlich folgende drei Werke herangezogen: Der oben schon erwähnte Ulf Poschardt schildert vorrangig die technische Entwicklung und Handhabung der Geräte zum Musikproduzieren, weitere kulturelle Hintergründe und Funktionen der musikalischen Produktionstechnik im Rap erläutern Lothar Mikos18 sowie an anderer Stelle Malte Peller zusammen mit Steffen Lepa.19
Die formalen Merkmale der Sprache im Rap, also Rhythmus, Reim und Stimme werden von einigen schon erwähnten Autoren teilweise angerissen, jedoch ist bei dieser Thematik musikwissenschaftliches Gespür besonders vonnöten: Bei Martin Pfleiderer finden sich einige kommentierte Rhythmusbeispiele aus dem Rap, ebenso in einem Aufsatz von Oliver Kautny.20 Ansonsten sind noch keine detaillierten Studien hierzu entstanden, weshalb eigens angefertigte Notationen der Beispiellieder erläutert werden. Mehrere Aufsätze aus dem Sammelband Die Stimme im HipHop21 sowie eine Studie von Christian Bielefeldt22 liefern wertvolle Informationen zur Rolle und Funktion des menschlichen Sprechapparates im Rap.
Erläuterungen zu Art und Verwendung des Reims im Rap finden sich beispielsweise in Roc the Mic right23 und dem für den Schulunterricht konzeptionierten Arbeitsbuch HipHop. Sprechgesang: Raplyriker und Reimkrieger.24 Hierbei ist jedoch anzumerken, dass sich das Vokabular für Reimarten bzw. deren Einteilung von Autor zu Autor und vor allem von deutscher zu englischer Literatur teilweise unterscheiden.
Anmerkungen zu Rap in Bezug auf Oralität, Literalität und Technologie – eher jedoch im Kontext afro-amerikanischer Traditionen und weniger linguistisch – geben unter anderem schon erwähnte Tricia Rose und S.H. Fernando,25 während Henning Bolte sich in einem Aufsatz explizit und teils auch sprachwissenschaftlich mit diesem Thema auseinandersetzt.26 Jürgen Streeck, Professor für Kommunikationswissenschaften und Germanistik in Austin (Texas), hat einen seiner Forschungsschwerpunkte auf Rap gelegt: Bei ihm finden sich mehrere Aufsätze nicht nur zu Rap und dessen oralen Wurzeln, sondern auch zum Genre des Freestyle, der Improvisationskunst im Rap.27
2.1. Forschungsstand und Literatur
HipHop mit seiner Entstehungszeit in den 70er Jahren des vergangenen Jahrhunderts ist ein an sich noch recht junges Phänomen und wurde vorerst kaum von Medien und Wissenschaft wahrgenommen: Zum einen fand HipHop zunächst unbemerkt im Untergrund statt, zum anderen sieht sich die HipHop-Kultur als so traditionsbewusst an, dass sie es vorzieht, sich selbst offenkundig zu tradieren:
"Wie kein zweites musikalisches und literarisches Genre hat HipHop seine Geschichtsschreibung selbst übernommen und auf Schallplatte gepresst. Es sind die Rapper, die in ihren Texten immer wieder auf die Geschichte und aktuelle Entwicklungen der Szene Bezug nehmen, es sind die DJs, die mit ihren Scratches und Sprachsamples die Verknüpfungen innerhalb der Szene hörbar machen."3
Erst ab Mitte der 1980er Jahren, als HipHop allmählich popkulturelle Ausmaße annahm, wurden Bücher zum Thema geschrieben, jedoch mit schwankender Qualität und häufig aus zu subjektiver Warte.4 Als „der erste und bis heute wichtigste Biograph der HipHop- Kultur“5 gilt der englische Musikkritiker und -autor David Toop mit seinem 1984 erstmals erschienenen Werk Rap Attack, welches 1992 und 2000 aktualisiert wurde. Toop bietet eine umfassende Geschichte von den Vorläufern und Ursprüngen des HipHop in New York bis zum Gangsta-Rap der Westküste und lässt dabei auch bedeutende Rapper und DJs selbst zu Wort kommen.6
Neben Toop haben sich mittlerweile unzählige andere Autoren zur Geschichtsschreibung hinzugesellt; an dieser Stelle seien einige bedeutende Werke mit verschiedenen Perspektiven explizit genannt, die neben weiteren Aufsätzen und Büchern in dieser Arbeit herangezogen werden: In Black Noise behandelt die US-amerikanische Universitätsprofessorin Tricia Rose vor allem afro-amerikanische Aspekte des HipHop und verweist auf die oralen Ursprünge von Rap; in einem gesonderten Kapitel betrachtet sie HipHop aus feministischer Sicht.7 Eine detaillierte Technik- und Musikgeschichte des HipHop erzählt der deutsche Journalist und Buchautor Ulf Poschardt in DJ Culture, auch orale Aspekte des Rap werden hierin beleuchtet.8 Mtume Salaam widmet sich in seinem Aufsatz Rap as Art den sprachlich-stilistischen Eigenheiten und Entwicklungen des Rap,9 Greg Dimitriadis, Professor der Soziologie in New York, bezieht diese Veränderungen auf technologisch-kommerzielle Entwicklungen und Umstände.10
Die Linguistik-Professoren Arno Scholz und Jannis Androutsopoulos analysieren in zwei Studien die Aneignung von Rap in Europa.11 In Fear of a Kanak Planet beleuchten Hannes Loh und Murat Güngor die HipHop-Aneignung von Migranten in Deutschland und gehen rechtsradikalen Tendenzen im deutschsprachigen Rap nach.12
Die deutsche HipHop-Geschichte, die mit etwa zehn Jahren Verzögerung begann, ist weniger detailliert beschrieben als ihr US-amerikanischer Vorgänger: Eine erste Bestandsaufnahme lieferte 1993 Günther Jacob in Agit-Pop.13 Das bekannteste und ausführlichste Werk stellt 25 Jahre HipHop von Sascha Verlan und Hannes Loh dar, in dem neben geschichtlichen auch viele kulturellen Aspekte abgehandelt werden.14 Jedoch sind die Arbeiten von Hannes Loh mit Bedacht zu lesen, da er als Mitbegründer von Advanced Chemistry, einer der ersten deutschsprachigen Rap-Bands, die jedoch nie an den Erfolg von Die Fantastischen Vier anknüpfen konnte, eine häufig zu bemerkende, voreingenommene Haltung vertritt. Diese Gefahr lassen die beiden Autoren und aktiven HipHop-Mitglieder Sebastian Krekow und Jens Steiner gar nicht erst aufkommen: Sie überlassen die subjektiven Eindrücke verschiedenen Repräsentanten der deutschen HipHop-Szene, die sie in ihrem Sammelband Bei uns geht einiges aus eigener Erfahrung sprechen lassen.15 Ergänzend wird auch eine englischsprachige Abhandlung des deutschen Rap von Mark Pennay einfließen, der auch als Schriftleiter des Deutschen Sprachatlas bekannt ist.16 Erwähnt sei auch noch Is this Real? von Gabriele Klein und Malte Friedrich, die Rap aus kulturwissenschaftlicher Perspektive betrachten.17
Zu den musikalischen Grundlagen werden für diese Arbeit hauptsächlich folgende drei Werke herangezogen: Der oben schon erwähnte Ulf Poschardt schildert vorrangig die technische Entwicklung und Handhabung der Geräte zum Musikproduzieren, weitere kulturelle Hintergründe und Funktionen der musikalischen Produktionstechnik im Rap erläutern Lothar Mikos18 sowie an anderer Stelle Malte Peller zusammen mit Steffen Lepa.19
Die formalen Merkmale der Sprache im Rap, also Rhythmus, Reim und Stimme werden von einigen schon erwähnten Autoren teilweise angerissen, jedoch ist bei dieser Thematik musikwissenschaftliches Gespür besonders vonnöten: Bei Martin Pfleiderer finden sich einige kommentierte Rhythmusbeispiele aus dem Rap, ebenso in einem Aufsatz von Oliver Kautny.20 Ansonsten sind noch keine detaillierten Studien hierzu entstanden, weshalb eigens angefertigte Notationen der Beispiellieder erläutert werden. Mehrere Aufsätze aus dem Sammelband Die Stimme im HipHop21 sowie eine Studie von Christian Bielefeldt22 liefern wertvolle Informationen zur Rolle und Funktion des menschlichen Sprechapparates im Rap.
Erläuterungen zu Art und Verwendung des Reims im Rap finden sich beispielsweise in Roc the Mic right23 und dem für den Schulunterricht konzeptionierten Arbeitsbuch HipHop. Sprechgesang: Raplyriker und Reimkrieger.24 Hierbei ist jedoch anzumerken, dass sich das Vokabular für Reimarten bzw. deren Einteilung von Autor zu Autor und vor allem von deutscher zu englischer Literatur teilweise unterscheiden.
Anmerkungen zu Rap in Bezug auf Oralität, Literalität und Technologie – eher jedoch im Kontext afro-amerikanischer Traditionen und weniger linguistisch – geben unter anderem schon erwähnte Tricia Rose und S.H. Fernando,25 während Henning Bolte sich in einem Aufsatz explizit und teils auch sprachwissenschaftlich mit diesem Thema auseinandersetzt.26 Jürgen Streeck, Professor für Kommunikationswissenschaften und Germanistik in Austin (Texas), hat einen seiner Forschungsschwerpunkte auf Rap gelegt: Bei ihm finden sich mehrere Aufsätze nicht nur zu Rap und dessen oralen Wurzeln, sondern auch zum Genre des Freestyle, der Improvisationskunst im Rap.27
( Markus Heide )
www.ChordsAZ.com